Kolonialismus ­ Widerstand ­ Krieg ­ Erinnerung

100 Jahre nach dem Maji-Maji-Krieg in 'Deutsch-Ostafrika'

Dienstags 19.30 Uhr

in der Neuen Gesellschaft

Rothenbaumchaussee 19, 20148 Hamburg.

Vor einhundert Jahren, im Jahre 1905, begann im damaligen Deutsch-Ostafrika der 'Maji-Maji-Krieg' gegen die deutsche Kolonialherrschaft. Diese antikoloniale Erhebung ist zwar weniger bekannt als der Aufstand der Herero und Nama, der ein Jahr zuvor in Namibia begann; ihre historische und identitätsprägende Bedeutung für das moderne Tansania kann jedoch kaum hoch genug eingeschätzt werden. In Deutschland wiederum wird die Kolonialvergangenheit bis heute häufig verklärt und ist von Mythen rund um tapfere deutsche Generäle und ihre treuen afrikanischen Askari-Soldaten geprägt.

Im Herbst 2005 werden bundesweit Initiativen mit Veranstaltungen diesem Anlass gedenken. Die Vortragsreihe fragt nach den Ursachen antikolonialen Widerstands in den deutschen Kolonien, aber auch nach der Bedeutung von kolonialen Erinnerungsdiskursen bis in die Gegenwart.

15. November 2005

Dr. Felicitas Becker, School of Oriental and African Studies, London: Warum sich erinnern? Der Maji-Maji-Krieg in Deutsch-Ostafrika und seine politischen und publizistischen Nachwirkungen.

Dieser Vortrag stellt den aktuellen Forschungsstand über Ursachen, Verlauf und Auswirkungen des Maji-Maji-Krieges dar und fragt nach seiner Relevanz für Tansanier und Deutsche in der Gegenwart. Er argumentiert gegen die nostalgische Beschönigung der Deutsch-Tansanischen Beziehungen, aber auch gegen die Reduktion der am Krieg beteiligten Afrikaner auf die Rolle der Opfer. Die Faszination des Krieges liegt in den komplexen politischen Praktiken der beteiligten Gesellschaften, auf die er ein Schlaglicht wirft. Andererseits bedarf die anfänglich verklärende Rezeption des Krieges im postkolonialen Tanzania einer Neubewertung angesichts der gemischten Bilanz nach 44 Jahren Unabhängigkeit.

22. November 2005

Prof. Dr. Andreas Eckert, Universität Hamburg: Ein 'deutsches Indien' in Afrika? Kolonialherrschaft in Deutsch-Ostafrika, 1884-1918

Dieser Vortrag gibt einen Überblick der wichtigsten Etappen und Aspekte der deutschen Kolonialherrschaft in Ostafrika. Wichtige Stichworte sind: Eroberung und Etablierung der deutschen Herrschaft, Aufbau des kolonialen Staates, koloniale Wirtschaftspolitik, Mission, Kriege und Gewalt. Den Handlungsspielräumen und Aktivitäten der Kolonisierten wird besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Abschließend soll kurz dargelegt werden, wie die deutsche Kolonialherrschaft hierzulande und in Tansania erinnert wird.

29. November 2005

Dr. Stefanie Michels, Universität Köln: Deutsch-ostafrikanische Mythen: General Lettow-Vorbeck und die 'treuen Askari"'

Der Vortrag wird die Entstehung, Umdeutungen und Aneignungen der Figur des 'treuen Askari', des schwarzen deutschen Kolonialsoldaten, beleuchten. Zeitlich wird ein Bogen gespannt von der Kolonialzeit, dem ersten Weltkrieg, der Zwischenkriegszeit, NS-Zeit, Unabhängigkeit der afrikanischen Länder bis zur heutigen Zeit. Als inhaltliche Klammer und zugleich Wende fungiert das Jahr 1964, in dem der sogenannte 'Held' von Deutsch-Ostafrika, Paul von Lettow-Vorbeck, starb und zwei ehemalige Askari aus dem damaligen Tanganyika in die BRD reisten.

06. Dezember 2005

Susann Lewerenz, M.A., Hamburg: Zwischen Kolonialrevisionismus und NS-Rassenpolitik: Schwarze im 'Dritten Reich'

Schwarze wurden im Nationalsozialismus rassistisch diskriminiert und verfolgt. Doch manchen bot der kolonialrevisionistische Mythos vom 'treuen Askari' Schutz vor Verfolgung. Der Vortrag beleuchtet, wie das Spannungsverhältnis zwischen Kolonialrevisionismus und NS-Rassenpolitik das Leben schwarzer Menschen im Nationalsozialismus prägte, und geht dabei auf einzelne Lebensgeschichten ein.

Veranstalter:

Eine-Welt-Netzwerk Hamburg in Kooperation mit der Neuen Gesellschaft und dem Historischen Seminar der Universität Hamburg